Donnerstag, 28. Februar 2013
Das Ungeheuer
Du bist gewiß nicht, meine Beste, was Veuillot ein "Knöspchen" nennt. Spiel und Liebe, Trank und Schmaus brodeln in dir altem Kessel! Du bist nicht mehr frisch, meine Beste,
Mein alte Infantin! Und dennoch haben deine verrückten Karawanen dir diesen reichen Glanz sehr abgebrauchter Dinge verliehen, die dennoch verführerisch sind.
Ich finde die Herbheit deiner vierzig Jahre nicht monoton; dein Früchte, Herbst, sind mir lieber als des Frühlings banale Blüten! Nein, du bist niemals eintönig!
Dein Gerippe hat seine Anmut und eigene Reize; seltsame Würze finde ich in der Höhlung deiner beiden Schultergruben; dein Gerippe hat seinen Anmut!
Trotze den lächerlichen Liebhabern der Melone und des Kürbisses! Deine Schlüsselbeine sind mir lieber als die Schlüssel Salomos, und jene lächerlichen Leute tun mir leid!
Dein Haare, wie ein blauer Helm, überschatten deine kriegerische Stirn, die nur wenig denkt und selten errötet, dann stürzen sie hinterwärts nieder wie die Mähne eines blauen Helms.
Deine Augen, die wie Straßenkot sind, in dem ein Windlicht widerscheint, schleudern, von der Schminke deiner Wange entfacht, einen Höllenblitz! Deine Augen sind schwarz wie Straßenkot!
Durch ihre Sinnlichkeit und ihre Verachtung fordert deine Lippe uns heraus; diese Lippe ist ein Eden, das uns anlockt und abstößt zugleich. Welche Sinnlichkeit! und welche Verachtung!
Dein muskulöses und dürres Bein weiß die Höhe der Vulkane zu erklimmen und, trotz des Schnees und der Misere, die wildesten Cancans zu tanzen. Dein Bein ist muskulös und dürr;
Deine brennende Haut ohne Sanftheit, wie die der alten Gendarmen, kennt den Schweiß ebensowenig wie dein Auge die Tränen kennt. (Und hat doch auch ihre Sanftheit!)
Dummes Luder, stracks zum Teufel fährst du! Gern ginge ich mit dir, wenn diese abscheuliche Geschwindigkeit mir nicht ein wenig bange machte. so scher dich, ganz allein, zum Teufel!
Mein Kreuz, meine Lunge, meine Wade gestatten mir ferner nicht, diesem Herrn, wie sichs geziemte, meine Huldigung zu erweisen. "Das ist wahrhaft schade!" sagen mein Kreuz und meine Wade.
Oh! es schmerzt mich aufrichtig, nicht auf den Hexensabbat gehen zu können, um zu sehen, wie du ihm, wenn er Schwefel furzt, den Hintern küssest! Oh, es schmerzt mich aufrichtig.
Ich bin verteufelt betrübt, nicht dein Leuchter zu sein und dich nun, Höllenfackel, um Urlaub zu bitten! Erwäge, meine Teure, wie betrübt ich sein mag,
Da ich dich seit langem liebe, und sehr kosequent bin! Denn sieh, da ich des Bösen Allerfeinstes suchen und nur ein vollkommnes Ungehuer lieben will: wahrhaftig ja! du altes Ungeheuer, ich liebe Dich!
Charles Baudelaire
Die Blume des Bösen
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