Terrassengetränke servieren wir nicht.
Institut für fortgeschrittenes Trinken.
Institut für fortgeschrittenes Trinken.
Dieser Mann spricht mir aus dem Herzen!
Kölner Bierkellner
Der Köbes schenkt dem Karneval ein
Daniel Bosdorff, der Köbes, ist nicht dem Gast verpflichtet,
sondern nur dem Bier. Er redet, wie es ihm passt, und sieht sich als
letzter Aufrechter zwischen all den Latte-Macchiato-Bedienungen. Nur mit
Karneval weiß er nichts anzufangen.
12.02.2015,
von
Julian Trauthig, Köln
Darf auch auf der Arbeit trinken: Köbes Daniel Bosdorf
Daniel
Bosdorff, der Köbes, nimmt die Musik mit ins Bett. Er liegt dann da und
will schlafen, doch die Karnevalslieder schwirren in seinem Kopf und
dröhnen in seinen Ohren. Als er noch ein kleiner Junge war, stand er auf
der Theke der elterlichen Kneipe und sang aus voller Brust „Mer losse
d’r Dom en Kölle“ von den Bläck Fööss. Heute will er einfach nur seine
Ruhe haben. Deshalb liebt er seine Arbeit im Brauhaus Schreckenskammer
eigentlich so sehr. Denn außer an Karneval gibt es dort keine Musik.
Wer bei Bosdorff einen Latte Macchiato bestellt, hört nur: „Wann de eine fings, kanns de mir jo eine metbränge!“ In der Schreckenskammer gibt es Kaffee, wenn überhaupt. Und wer Milch dazu möchte, muss lange an der kleinen Kondensmilchpackung herumfriemeln.
Ruppiger als es ein Kellner sein darf
Ein Köbes – das ist übrigens die kölsche Form von Jakob – ist so ruppig, weil er eigentlich gar kein Kellner ist. Ursprünglich waren sie Brauereigehilfen, die tagsüber Kölschfässer schleppten und sich abends noch etwas dazu verdienten. Ungelernte, denen es egal war, ob man nun freundlich zu den Gästen ist. Und so hat sich die herzliche Ruppigkeit als Markenzeichen eines guten Köbes gehalten.
Als Bosdorff vor 18 Jahren in der Schreckenskammer anfing, fragte ihn ein Freund, warum er das denn mache. „Dann bes de verbrannt för de gehovve Gastronomie“ – Dann bist du verbrannt für die gehobene Gastronomie. Aber dahin wollte Bosdorff – damals noch Koch – ohnehin nicht mehr. Warum von acht Stunden Arbeitszeit vier Stunden damit verbringen, Servietten zu falten und Tische zu decken? In der Schreckenskammer braucht er für das Drumherum vielleicht eine halbe Stunde. Ein bisschen Sand auf den alten Dielen verteilen nach Feierabend, um den Dreck zu binden, viel mehr verlangt die Tradition nicht.
Nur mit dem Karneval ist das so eine Sache. Denn dann ist er eigentlich gar kein Köbes mehr, sondern einfach nur Kellner. Er rennt mit seinem Kölsch-Kranz, seiner Schürze und dem blauen Wams immer wieder von der Theke zu den Tischen, muss sich an Menschenmassen vorbei quetschen und all seine Sprüche für sich behalten. Und dann diese Karnevalslieder von den Musikkapellen! Abends im Bett spürt er dann noch mehr als sonst seine 45 Jahre, und in seinem Kopf singen de Bläck Fööss, de Höhner und all die anderen kölschen Helden einfach weiter.
Die Jecken kommen meist in Gruppen
Nicht, dass er was gegen Karneval hätte, im Gegenteil. Aber es ist nicht der schöne Stress, den er sonst manchmal hat. Die Jecken kommen meistens in Gruppen. 70 bis 80 Mann, in ihren Gardeuniformen, zwischen zwei Auftritten. Die Rechnung zahlt entweder ein einzelner, oder sie wird aus der Vereinskasse beglichen. Das heißt Druckbetankung für alle. Dazwischen Essen für jeden, Rede zwischendurch und dann wieder raus.
Von
Januar an geht es damit so richtig los, Höhepunkt ist der
Karnevalsfreitag. Da kommt die Prinzengarde. Danach macht die
Schreckenskammer dicht. Zu viel ist in der Vergangenheit kaputt gegangen
durch betrunkene Touristen oder „dä Landeier, die sich nit benemme
künne“, wie Bosdorff es nennt. Alleine zwei der bunten Scheiben in den
Fenstern des Brauhauses haben sie vor ein paar Jahren kaputtgeschlagen,
500 Euro hat das pro Scheibe gekostet. Da hat es Bosdorffs Chef
gereicht.
Der köbesfreundliche Gast hingegen ist schnell beschrieben: Erstens trinkt der Gast Kölsch, und zwar in jeder Runde gleichzeitig mit seinen Freunden, dann kommt der Köbes nicht aus dem Rhythmus. Denn Kölsch wird nicht bestellt, es wird zugeteilt. Solange kein Bierdeckel auf dem Glas liegt, gibt es neues. Zweitens isst der ideale Gast ordentlich, denn der Köbes wird nach Umsatz bezahlt. Und drittens gibt er ordentlich Trinkgeld, das ist ja wohl selbstverständlich.
Bosdorff muss oft unfreundlich werden
Aber oft muss Bosdorff pampig werden, auch die Touristen lässt er nicht aus, die sich leider immer häufiger in die Schreckenskammer verirren, die eigentlich kaum jemand von außerhalb kennt. „Ein Wasser, bitte“, sagen sie manchmal. Da kann er nur sagen: „Sin mer hee em Schwemmbadd oder wat?“ Oder: „Ein Kölsch-Cola, bitte.“ Er: „Wann de jet för ze mölsche bruchs, gangk en en Cocktailbar!“ – Wenn du was zum mischen willst, geh in eine Cocktailbar. Schließlich habe man das beste Kölsch der Welt, selbstgebraut. Da werde nichts verwässert. Wenn es ganz schlimm kommt und ein Düsseldorfer ein Alt bestellen will, sagt er nur: „Loss di Kölsch zehn Minutte stonn, dann es et ald!“
Der Daniel ist ein Guter, sagt der Chef. Sehr zuverlässig, ehrlich. So was findet man nicht so oft. „Dä Daniel drink och nit ze vill.“ An einem Abend in der Schreckenskammer können es schon ein paar Kölsch werden. „Dat erwaadt der Gass och“, sagt Bosdorff, der Gast erwartet das. Wenn bei ihm der Pegel steigt, wird er ganz ruhig und versucht nicht aufzufallen. Das habe ihn schon oft gerettet. Manche werden dann aggressiv oder richtig unfreundlich, das ist dann schlecht. Wenn Bosdorff frei hat oder Urlaub, ist er froh, wenn er mal keinen Alkohol trinken muss.
In den großen Brauhäusern wie dem Früh oder Gaffel am Dom ist es verboten, während der Arbeit zu trinken. Dorthin zieht es auch die Touristen meistens. In die Schreckenskammer, das bekannteste unbekannte Brauhaus Kölns, verirren sich erst seit ein paar Jahren manchmal Japaner oder Amerikaner. Auch sein Chef hat mal versucht, den Köbessen das Trinken zu untersagen. Lange hielt er nicht durch. Früher gab es sogar für Bosdorff und seine Kollegen jeden Abend fünf Kölsch aufs Haus, aber das ist lange her.
Nur manchmal kommt er ins Grübeln, ob seine Sprüche nicht doch hin und wieder zu sehr unter die Gürtellinie gehen. Der Zeitgeist ist auch an ihm nicht vorbeigegangen. Wenn ein Unerfahrener mal wieder einen Cappuccino bestellen möchte, antwortet er manchmal: „Wann do ne Cappuccino wells, gangk nohm Italiener!“ Und fragt gleich darauf: „Darf ich dat dann noch sage?“ Woraufhin ein Kollege von hinten ruft: „Jo dat! Do häs nor ,Do Aaschloch’ vergesse.“
Wir danken der „Akademie för uns kölsche Sproch“ für die Hilfe bei der Umschrift der Zitate.
Quelle: F.A.Z. http://www.faz.net/-gun-7zpgx
1 Kommentar:
Und es ist immer wieder schön in einem dieser Brauhäuser zu sein und mit dem Köbbes Spaß zu haben, während die verirrten Touris nicht wissen wo sie gelandet sind ;)
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