Samstag, 30. Mai 2020

Lesen in Zeiten von "Corona" XVI




Tja, dann muß eben drum gekämpft werden.....ob wir vergnügungssüchtige Volk dass hinbekommen?


SCHIRACH

Stellen Sie sich vor, dass Sie morgen nach New York fliegen wollen. Zwei Flugzeuge stehen dafür bereit. Um in das erste Flugzeug einsteigen zu können, müssen Sie sich sehr streng kontrollieren lassen. Ihr Gepäck wird durchleuchtet, Sie müssen sich ausziehen, Ihr Laptop wird geöffnet, die letzten E-Mails durchgesehen, Ihr Handy wird ausgelesen. Das Ganze dauert zwei Stunden. Das zweite Flugzeug können Sie ohne jede Kontrolle betreten. Welches Flugzeug wählen Sie? Tatsächlich werden die meisten Menschen das erste Flugzeug nehmen. Sicherheit ist uns näher als Freiheit. Das erklärt die hohe Zustimmung der Bevölkerung zu immer härteren Maßnahmen. Mich beunruhigt diese Tendenz.

Donnerstag, 21. Mai 2020

Lesen in Zeiten von "Corona" XV

La Luna, la bella luna....
Aus "Moonstruck"


3. Das Apollo-Erbe

EIN GEFÄHRLICHER AUFENTHALTSORT

Der Mond wird auch heute noch bombardiert, wenn auch deutlich weniger als früher. Über die vergangen Jahrzehnte haben verschiedene Observatorien Videokameras auf den Mond gerichtet. Diese suchen nach den hellen Lichtblitzen, die auftreten, wenn kleine Asteroiden auf den Mond prallen. Dabei werden zwei Teleskope gleichzeitig eingesetz, sodass ein Einschlag zeitgleich von beiden Kameras registriert werden muss, um aufgezeichnet zu werden. Mit dieser Methode hat man jährlich Hunderte weiterer Einschläge bestätigen können.

Aus "MOND" von Ben Moore aus 2019.

Samstag, 9. Mai 2020

Lesen in Zeiten von "Corona" XIV

Alles bleibt gleich, nix ändert sich außer die Geschwindigkeit der Kommunikation.....Verwirrung.....

MAI

Eine warme Frühlingsnacht in Wien: Arthur Schnitzler streitet sich so sehr mit seiner Frau, dass er am 25. Mai davon träumt, sich zu erschießen. Es wird nix draus. In derselben Nacht in Wien erschießt sich Oberst Redl, weil er der Spionage überführt worden ist. In derselben Nacht in Wien packt Adolf Hitler seine Sachen und besteigt den ersten Zug nach München. Die Künstlergruppe «Die Brücke« löst sich auf. In Paris feiert Strawinsky mit «Le sacre du printemps« Premiere - er sieht das erste Mal seine spätere Geliebte Coco Chanel. Brecht langweilt sich in der Schule und hat Herzklopfen. Drum fängt er an zu dichten. Alma Mahler flieht das erste Mal vor Oskar Kokoschka. Rilke streitet sich mit Rodin und kommt nicht zum Schreiben.

Aus "1913 DER SOMMER DES JAHRHUNDERTS" von Florian Illies aus 2012

Dienstag, 5. Mai 2020

Lesen in Zeiten von "Corona" XIII

Auf die Frage was sich geändert hat......

"......Aber, pfui Teufel" - er spie dabei kräftig aus - "ja, pfui Teufel sage ich, was für ein Dreck ziehn sie da über die Leinwand! Eine Schmach ist das für die Kunst, eine Schmach für die Welt, die einen Shakespeare und einen Goethe hat! Erst kam da so ein farbiger Blödsinn mit bunten Viechern - na, das sag' ich noch nichts, das macht vielleicht Kindern Spaß und niemandem Schaden. Aber dann machen sie einen 'Romeo und Julia', und das sollte verboten sein, verboten im Namen der Kunst! Wie das nur klingt, die Verse, als ob sie einer aus dem Ofenrohr quäkte, die heiligen Verse Shakespeares, und wie das verzuckert ist und verkitscht! Aufgesprungen wär ich und davongelaufen, wenn's nicht wegen dem Herrn Graf gewesen wär' der mich eingeladen hatte. So einen Dreck, so einen Dreck zu machen aus dem lautersten Gold! Und unsereins muß leben in so einer Zeit!"

Er faßte das Bierglas, tat einen kräftigen Zug und stellte es so laut zurück, daß es krachte. Seine Stimme war jetzt ganz laut geworden, er schrie beinahe. "Und dazu geben sich die Schauspieler von heut her - für Geld, das verfluchte Geld spucken sie Shakespearverse in Maschinen und versauen die Kunst. Da lob' ich mir jede Hur' auf der Straße! Vor der letzten hab' ich mehr Respeckt als vor diesen Affen, die ihre glatten Gesichter metergroß auf die Plakate picken lassen und sich Millionen scheffeln für das Verbrechen, das sie an der Kunst tun. Die das Wort verstümmeln, das lebendige Wort, und Shakespearverse in einen Trichter brüllen, statt das Volk zu erziehen und die Jugend zu belehren. Eine moralische Anstalt, so hat Schiller das Theater genannt, aber der gilt ja nicht mehr. Nichts gilt heut mehr, nur das Geld, das verfluchte Geld, und die Reklame, die einer mit sich zu machen versteht. Und wer's nicht verstanden hat, der krepiert. Aber besser krepieren, sag ich, für mich gehört jeder an den Galgen, der sich verkauft an dies verfluchte Hollywood! An den Galgen, an den Galgen!"

Aus "Phantastische Nacht" von Stefan Zweig aus 1922